Es ist wohl eine Kunst, die es auf verschiedenen Ebenen des Lebens zu erlernen gilt, damit menschliches Miteinander gelingen kann: Verschiedenheit auszuhalten und sich dennoch des Verbindenden bewusst zu bleiben.
So sehr Giovanni auch darunter leidet, dass seine Liebste die körperlichen Bedürfnisse nach Verbundenheit und Nähe nicht so empfinden kann wie er und seine Sehnsucht nach Nähe daher oft ins Leere greift, ist er sich doch auch bewusst, dass sie auch in anderen Bereichen verschieden sind. Dennoch ist diese Verschiedenheit kein Hindernis sich zu lieben, weil es auch Bereiche gibt, in denen sie ähnlich denken und empfinden.
Gerade diese Spannung ist es ja, die eine Beziehung lebendig hält, das ständige Ausloten von Verbundenheit und Nähe und Eigenständigkeit und Distanz.
Dennoch
Ich denke nicht wie du
ich sehe Dinge nicht
wie du sie siehst
ich hör nicht so gut zu
und les nicht alles
was du liest
Ich seh die Welt
mit meinen Augen
seh manches
was nur ich gewahre
darum glaube bitte nicht
es wär‘ nur deine Sicht
das einzig Richtige
und Wahre
Vieles ist
und bleibt mir fremd
auf das dein Leben baut
und dennoch
dennoch
bleibst im Innersten
du selbst
mir so vertraut
Wir fühlen auch anders
du ahnst nicht
wie glücklich ich bin
wenn du mich
auch nur berührst
doch auch ich weiß nicht
was du
in dir drin
wenn ich in dir bin
spürst
Wir sind so verschieden
und diese Verschiedenheit
tut manchmal weh
und dennoch
dennoch
weiß ich
dass ich
unverbrüchlich
zu dir steh
Wir sind
und bleiben uns
fremd
trotz aller
selbstverständlichen Nähe
und dennoch
dennoch
glaub ich an dich
und glaube an uns
weil ich
uns beide
als Verbündete
sehe Das einzig Entscheidende
bleibt für mich:
dennoch
– wie du auch bist –
dennoch
liebe
ich
dich
Giovanni Vandani, Dennoch
aus: Muscheltaucher (2022)