Nachdem ihm dieses Defizit im Reflektieren und im Schreiben bewusst geworden ist, beginnt Giovanni Ideen zu spinnen und zu experimentieren. Ein wöchentliches Rendezvous bei ihr im Bett (es sind die Monate, in denen sie aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen ist), an einem fixen Wochentag, zu einer fixen Morgenstunde, eine Stunde gemeinsame Zeit ohne Zwang, sich zu lieben. Es dauerte einige Wochen, bis es endlich funktionierte, aber dann lief es eine Zeitlang gut. Sie redeten, er las ihr aus seinen Gedichten vor (ihre Begeisterung hielt sich in Grenzen), sie liebten sich von Fall zu Fall. Dann kamen die Ferien, andere Tagesabläufe, sie war inzwischen ins Schlafzimmer heimgekehrt. Jetzt, wo er daran zurückdenkt, tut es ihm fast leid, dieses neue Ritual wieder verloren zu haben.
Erstes Rendezvous
Im dritten Anlauf
klappt es endlich
unser erstes Rendezvous
es ist schön
und aufregend:
eine Stunde Zeit
nur ich und du
Ich habe mich
darauf gefreut
ich bin nervös
und weiß
an diesem Treffen
könnte sich entscheiden:
Hat es Zukunft
oder legen wir es
wiederum auf Eis?
Wir reden über Triviales
den Alltag oder so
doch wir woll’n uns wiedersehen
und das stimmt mich froh
Sonst ist nichts geschehen
nicht beim ersten Mal
wir werden uns ja wiedersehen
Es war schön
und aufregend
wie ein erstes Rendezvous
unser erstes Rendezvous
nach mehr als zwanzig Jahren
Giovanni Vandani, Erstes Rendezvous
aus: Hast du Lust? (2021)